4. ADVENT

Evangelium nach Lukas (1,39-45)

 

Elisabeth und Maria sind zwei Frauen, die Geschichte machen: eine alte und eine junge Frau, die eine aus Judäa nahe der Hauptstadt Jerusalem, die andere aus der fernen Provinz Galiläa aus dem unbedeutenden Städtchen Nazareth. Beide Frauen erwarten ein Kind. Beide haben eine problematische Mutterschaft: die eine, weil sie schon so alt ist und weil selbst ihr Mann nicht an eine Elternschaft glauben konnte; die andere, weil sie nicht mit einem Mann zusammenlebt und weil ihr Verlobter durch diese Mutterschaft in Bedrängnis kommt. Beide schenken einander Halt. Sie kommen einander sehr nahe in dieser Begegnung. Sie spüren die Kinder in ihrem Leib. Die Unterschiedlichkeit der Mütter lebt weiter in der Verschiedenheit ihrer Kinder. Johannes und Jesus gehören eng zusammen und könnten doch ungleicher nicht sein. Das sind die Gegensätze: das Alte und das Neue, der Wegbereiter und der Messias, die strenge Bußaskese und die Freude des Evangeliums.

Es klingt wie in einem Roman. Aber diese Erzählung hat schon 2000 Jahre lang Geschichte gemacht und das christliche Denken, die christliche Tradition geprägt. Die Kinder dieser beiden Frauen haben die Geschichte der Menschheit verändert. Mit ihnen hat Gott ein neues Kapitel in seiner Geschichte mit den Menschen begonnen.

Elisabeth nennt Maria sogar „Mutter meines Herrn“: Das Kind von Maria wird ihr Herr sein! Das stimmt überein mit dem, was der Prophet Micha (1. Lesung) über das Kind gesagt hat: „Er wird auftreten und ihr Hirt sein in der Kraft Gottes.“ Dieses Kind wird im Namen Gottes und mit der Kraft Gottes auftreten, wird Menschen leiten wie ein Hirt, wird ihnen den Weg im Leben weisen. Und er „wird der Friede sein“, wird in ihrem Leben Frieden und Erfüllung bringen.

Mit dieser Erzählung sagt der Evangelist Lukas etwas darüber, was er von Jesus hält, welche Bedeutung dieser Jesus für ihn hat. Er setzt diese Erzählung als eine Art Vorwort an den Anfang seines Evangeliums, in dem er diese Grundaussage über Jesus weiter beschreiben, illustrieren und vertiefen wird und zwar nicht nur aus historischem Interesse, sondern um seine Leser einzuladen, an diesen Jesus zu glauben, ihn als ihren Herrn anzuerkennen, als einen Hirten, der sie in ihrem Leben führt und leitet, ja zu Gott führt.

In ein paar Tagen werden wir den Geburtstag von diesem Jesus feiern in der Überzeugung, dass das, was Lukas vor ca. 2000 Jahren geschrieben und behauptet hat, stimmt. Daran glaubend, dass dieser Jesus tatsächlich für unser Leben von größter Bedeutung ist und dass wir in unserem Leben nur in Verbindung mit Jesus und durch ihn, den wahren Frieden finden können. Das ist für uns kein Märchen, sondern eine Realität, die man aber nur erfahren kann, wenn man sich tatsächlich mit diesem Jesus einlässt. Das ist es gerade, was wir als Christen tun wollen, immer wieder, ein Leben lang. Dazu werden wir uns zu Weihnachten ganz feierlich bekennen.

In dieser Welt geht es immer um Macht: politisch, wirtschaftlich, militärisch. Auch in unseren kleineren Lebensbereichen stoßen wir auf Menschen, die herrschen, „Herr“ sein, das Sagen haben wollen, um alles nach den eigenen Vorstellungen und Vorteilen zu gestalten. Es ist aber in der biblischen Überlieferung immer wieder auffallend, dass Gott bei seinem Wirken und Eingreifen in der menschlichen Geschichte, immer auf die setzt, die klein und unbedeutend sind. Wie diese beiden Frauen.

„Macht euch auf den Weg, es soll bei euch anders werden“, hat es am Anfang der Adventzeit geheißen. Drei Wochen sind vorbei. Haben wir uns auf den Weg gemacht? Ist Bewegung in unser Glaubensleben gekommen? Sind wir auf dem Weg zu Gott? Haben wir ihn wirklich gesucht? Haben wir versucht ihm näher zu kommen? Können wir Gott schon ganz offen sagen, dass es uns ein Anliegen ist, das Geburtstagsfest von Jesus in tiefer Freude zu feiern, weil er ganz einfach so wichtig für uns, für unser Leben ist? Weihnachten ist eine gute Gelegenheit in unseren Herzen zu überlegen, was dieser Jesus für uns und für unser Leben bedeutet.

Zum Archiv